Zwischen den Jahren

Winterlandschaft

„Das einzig Sichere, was wir über die Zukunft wissen, ist, dass sie noch vor uns liegt.“ (Steffen Ritschel)

 

Die schönste Zeit im Jahr sind für mich die Tage „zwischen den Jahren“, denn die Uhren scheinen an ihnen langsamer zu gehen. Leider wissen viele heute gar nicht, was mit diesem Begriff gemeint ist.

Als „zwischen den Jahren“ werden die Tage zwischen Weihnachten und Silvester bezeichnet. Ein wenig Aberglaube begleitete die Zeit in meiner Kindheit und machte sie damals für mich unheimlich, mystisch. Wäsche, insbesondere weiße Bettlaken, sollte nicht draußen auf der Leine hängen, weil sonst das Laken zum Leichentuch werden würde. Silvester aßen wir Heringssalat, bestehend aus Fisch, Kartoffeln, Rote Beete, Eiern, Essiggurken, Bratenfleisch und Äpfeln, damit wir − laut Tradition − auch im neuen Jahr von allem zu essen haben. Und natürlich verbirgt sich hinter der Anzahl der Zutaten die Glückszahl 7!

Heute ist die Zeit „zwischen den Jahren“ für mich eine Phase der Ruhe und Besinnung, ein Ausgleich zur hektischen Vorweihnachtszeit. Die Tage vom ersten Advent bis zum Weihnachtsfest rauschen jedes Mal nur so an mir vorbei. Beruflich möchte ich gern meine mir gesteckten Ziele bezüglich der zu schreibenden Biografien erreichen und auch privat ist allerlei zu erledigen: Adventsdekoration aufstellen, vorweihnachtliche Feiern, das Haus auf die Weihnachtsgäste vorbereiten, Geschenke besorgen, verpacken und teilweise verschicken, Kekse backen, Weihnachtskarten schreiben, Weihnachtsbaum schmücken und nicht zu unterschätzen der Lebensmitteleinkauf. Im Supermarkt hat man das Gefühl, die Menschen wollen mit ihrem Einkauf nicht nur zweieinhalb Tage überbrücken, sondern zweieinhalb Wochen − ich gestehe, ich gehöre dazu!

Nach dem zweiten Weihnachtstag scheinen die Uhren langsamer zu gehen − ich habe Zeit zu lesen und nachzudenken, lasse das fast vergangene Jahr Revue passieren und fasse meine Vorsätze fürs neue. Dabei gerate ich in einen Zwiespalt: Einerseits hänge ich an dem, was ist, und möchte nicht, dass das Jahr vorbei ist, und andererseits bin ich neugierig auf das nächste. An Silvester naht schließlich unaufhaltsam die letzte Minute. Alle sehen gebannt auf die Uhr, während sich der Sekundenzeiger ganz bedächtig vorwärts bewegt, Schritt für Schritt, als scheue er sich, das Jahr zu beenden. Kurz vor der Zwölf scheint er fast stillzustehen, doch sowie er sie erreicht hat, rast er wieder munter los und nimmt meine sentimentalen Gedanken mit. Zurück bleibt meine freudige Erwartung.

Ich wünsche allen ein frohes und gesundes Jahr 2017!

 

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